Von Rechtsanwalt: Tobias Wilkens
Antwort:
Höchstwahrscheinlich ja. Das LAG Hamm hatte in seinem Urteil vom 24. Juli 2019 (Az.: 5 Sa 676/19) diese Frage verneint. Die Entscheidung haben wir in unserer Rechtsfrage aktuell im November 2019 behandelt. Zwischenzeitlich hat sich das BAG mit zwei unterschiedlichen Fällen beschäftigt.
In dem ersten Fall verlangte eine dauerhaft erkrankte Arbeitnehmerin von ihrem Arbeitgeber die Abgeltung von Urlaub aus dem Jahr 2017. Der Arbeitgeber vertrat die Ansicht, dass der Urlaub bereits am 31. März 2019 endgültig verfallen war. Der Arbeitgeber hatte hierauf nicht vorher hingewiesen. Der Arbeitgeber hatte die Arbeitnehmerin auch nicht vorher aufgefordert, den Urlaub zu beantragen.
In dem zweiten Fall war ein Arbeitnehmer seit 2014 voll erwerbsgemindert und stritt sich mit seinem Arbeitgeber darüber, ob er noch 34 Urlaustage aus dem Jahr 2014 beanspruchen könne. Auch hier gab es keinen Hinweis auf den etwaigen Verfall der Urlaubsansprüche.
Das BAG hat die Fälle nun dem EuGH vorgelegt, mit der Frage, ob der Urlaubsanspruch nach Ablauf der 15-Monats-Frist oder ggf. einer längeren Frist verfällt, wenn der Arbeitgeber im Urlaubjahr den Arbeitnehmer nicht auf den drohenden Verfall hingewiesen hat, obwohl der Arbeitnehmer den Urlaub bis zum Eintritt der Arbeitsunfähigkeit zumindest teilweise hätte nehmen können.
Der EuGH wird sich also mit der Hinweispflicht auch bei Langzeiterkrankten auseinandersetzen. Es steht zu befürchten, dass der EuGH seine Entscheidung vom 6. November 2018, Az.: C-684/16 – wir berichteten bereits im Februar 2019 darüber – dahingehend ausweiten könnte, dass auch eine Unterrichtungspflicht bei Langzeiterkrankten gilt.
Es ist also vorsorglich zu empfehlen, dass Arbeitgeber ihre Langzeiterkrankten über die Urlaubsansprüche und deren Verfall (nachweisbar) informieren. Ansonsten könnten nicht unerhebliche Gewährungs- bzw. Abgeltungsansprüche entstehen.