Darf ein Arbeitnehmer seinen Hund weiterhin mit in das Büro bringen, wenn dies zuvor jahrelang trotz eines im Arbeitsvertrag geregelten Verbots akzeptiert wurde?

Tobias Wilkens

 

 

 

 

 

 

 Von Fachanwalt für Arbeitsrecht Tobias Wilkens

 

Nach Meinung des befassten Landesarbeitsgerichts Düsseldorf (Vergleich vom 08.04.2025, Az. 8 GLa 5/25) nicht.

Die Klägerin in dem Ausgangsverfahren des Arbeitsgerichts Düsseldorf (Urteil vom 21.03.2025 - 9 Ga 14/25) war seit 2013 in Vollzeit und im Schichtdienst an fünf Tagen in der Woche als Spielhallenaufsicht bei der Beklagten beschäftigt. Diese betreibt Spielhallen mit üblichem Publikumsverkehr und bietet dort u.a. Getränke an. Ausweislich der arbeitsvertraglich vereinbarten Stellenbeschreibung sind Haustiere in der Spielhalle verboten.

Im Jahr 2019 schloss die Klägerin mit der Hundehilfe Deutschland e.V. einen Tierüberlassungsschutzvertrag. Nachdem zunächst auch der Vater der Klägerin auf die Hündin aufgepasst hatte, brachte sie das Tier jedenfalls nach dem Ende der Corona-Lockdowns regelmäßig mit zur Arbeit. Verschiedene wechselnde Vorgesetzte erhoben zunächst keine Einwände. Ihr aktueller Vorgesetzter teilte ihr mit, dass der Geschäftsführer das Mitbringen der Hündin an den Arbeitsplatz nicht dulden werde bzw. - so die Klägerin - würde. Mit Schreiben vom 07.03.2025 bat der Geschäftsführer der Beklagten die Klägerin unter Bezugnahme auf die Stellenbeschreibung, es künftig zu unterlassen die Hündin mit zur Arbeit zu bringen.

Mit ihrer einstweiligen Verfügung hat die Klägerin begehrt, der Beklagten aufzugeben, die Mitnahme der Hündin während ihrer Arbeitszeiten in die Spielhalle bis zur erstinstanzlichen Entscheidung in der Hauptsache zu dulden. Die Kammer hat in der mündlichen Verhandlung im Rechtsgespräch mitgeteilt, dass sie davon ausgehe, dass das vertragliche Verbot weiterbestehen dürfte. Die bloße Nichtdurchsetzung eines Verbots führe nicht zu dessen Aufhebung. Es spreche viel dafür, dass die Arbeitgeberin berechtigt sei, dies durchzusetzen, weil Kunden die Spielhalle z.B. aufgrund einer Tierhaarallergie oder Angst vor Hunden ggfs. erst gar nicht aufsuchten. In der Verhandlung hat die Arbeitgeberin zudem angeführt, dass Beschäftigte in anderen von ihr betriebenen Spielhallen begännen, sich auf die von der Klägerin gelebte Praxis zu berufen.

Die Kammer hat mitgeteilt, dass die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf, welches den Antrag der Klägerin auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen hatte, wenig Aussicht auf Erfolg habe. Um die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses und eine Gewöhnung der Hündin an andere Betreuungsmöglichkeiten zu ermöglichen, haben die Parteien auf Vorschlag des Gerichts einen Vergleich - auch zur Erledigung der Hauptsache - geschlossen. Die Klägerin darf ihre Hündin bis zum 31.05.2025 an den Arbeitsplatz mitbringen, danach jedoch nicht mehr. Für die Klägerin ist der Vergleich unwiderruflich. Die Beklagte kann ihn bis zum 10.04.2025 widerrufen. 

In der arbeitsrechtlichen Praxis richtet sich die Möglichkeit, einen Hund mit an den Arbeitsplatz zu bringen, nach dem sogenannten Direktionsrecht des Arbeitgebers. Gemäß § 106 der Gewerbeordnung (GewO) kann der Arbeitgeber Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen (vgl. § 315 BGB) näher bestimmen. Zum Inhalt gehört auch die Ordnung und das Verhalten der Arbeitnehmer im Betrieb. Arbeitgeber können das Mitbringen eines Haustiers genehmigen, müssen es aber nicht.

 

Muss ein Arbeitnehmer, der während einer laufenden Kündigungsfrist von der Erbringung der Arbeitsleistung vom Arbeitgeber freigestellt wird, sich in dieser Zeit um eine neue Anstellung bemühen?

 

 

 

 

 

 

Von Fachanwältin für Arbeitsrecht Anna Fischer

 

Nein. Das Bundesarbeitsgericht entschied mit Urteil vom 12. Februar 2025 (Aktenzeichen 5 AZR 127/24), dass Arbeitgeber die Gehaltszahlung nicht einfach einstellen können, wenn sich ein von ihnen freigestellter Arbeitnehmer innerhalb der Kündigungsfrist keinen neuen Job sucht.

In dem Fall hatte ein Mann in Festanstellung in Projekten als Senior Consultant gearbeitet und eine ordentliche Kündigung erhalten. Während der dreimonatigen Kündigungsfrist stellte der Arbeitgeber den Mann von der Erbringung seiner Arbeitsleistung frei. In dieser Zeit schickte der Arbeitgeber dem Gekündigten insgesamt 43 Stellenangebote aus Jobportalen. Auf sieben davon bewarb sich der Mann, der auch mit einer Kündigungsschutzklage gegen seine Kündigung vorging. Die Bewerbungen verschickte er aber erst am Ende seiner Kündigungsfrist. Der Arbeitgeber meinte, der Kläger sei verpflichtet gewesen, sich schon während der Zeit der Freistellung auf die ihm überlassenen Stellenanzeigen zu bewerben. Für den letzten Monat zahlte der Arbeitgeber dem Kläger deshalb keine Vergütung mehr. Er berief sich dabei auf § 615 Satz 2 BGB. Hiernach kann der Anspruch auf Vergütung entfallen, wenn der Anspruchsberechtigte es böswillig unterlässt, anderweitigen Verdienst zu erzielen.

Das Bundesarbeitsgericht sah dies anders und verurteilte den Arbeitgeber zur Nachzahlung eines Monatsgehalts und Verzugszinsen. Das Bundesarbeitsgericht führte unter anderem folgendes aus: „Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis ordentlich und stellt den Arbeitnehmer trotz dessen Beschäftigungsanspruchs von der Arbeit frei, unterlässt der Arbeitnehmer in der Regel nicht böswillig anderweitigen Verdienst, wenn er nicht schon vor Ablauf der Kündigungsfrist ein anderweitiges Beschäftigungsverhältnis eingeht.“ Daher befand sich der Arbeitgeber nach Urteil des BAG aufgrund der von ihm einseitig erklärten Freistellung des Arbeitnehmers während der Kündigungsfrist im Annahmeverzug und schuldete für die gesamte Dauer der Kündigungsfrist die vereinbarte Vergütung. Der Arbeitnehmer müsse sich nicht erzielte anderweitige Verdienste nicht nach § 615 Satz 2 BGB anrechnen lassen.

Daher besteht zwar im Rahmen eines laufenden Kündigungsschutzverfahrens über die Dauer der Kündigungsfrist hinaus ggf. die Möglichkeit, anderweitig erzielten Verdienst auf ein etwaiges Annahmeverzugslohnrisiko anzurechnen, jedoch nicht während der laufenden Kündigungsfrist. Daher sollte genau überlegt werden, ob Arbeitnehmer während der laufenden Kündigungsfrist von der Erbringung der Arbeitsleistung freigestellt werden.

Überstundenzuschläge für Teilzeitkräfte?

 

manfred v gizycki

 

 

 

 

 

 

Von Fachanwalt für Arbeitsrecht Manfred v. Gizycki

 

Bisher haben wir Überstundenzuschläge nur an die Arbeitnehmer ausgezahlt, die länger als eine Vollzeitkraft gearbeitet haben. Kann das so beibehalten werden?

Nein. Das Bundesarbeitsgericht urteilte am 05. Dezember 2024 (Az. 8 AZR 370/20), dass Teilzeitbeschäftigte in aller Regel ab der ersten Mehrarbeitsstunde denselben Anspruch auf Überstundenzuschläge wie ihre vollzeitbeschäftigten Kollegen haben.

In dem Fall einer Pflegekraft sah der Tarifvertrag einen Zuschlag von 30 % für Überstunden vor – allerdings erst dann, wenn die reguläre Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten überschritten wurde. Da die Pflegekraft nur 40 % einer Vollzeitstelle abdeckte, erhielt sie für geleistete Mehrarbeit keinen Überstundenzuschlag.

Dagegen klagte sie und argumentierte, dass sie durch diese Regelung wegen des Geschlechts diskriminiert worden sei. Empirisch sei bewiesen, dass vorwiegend Frauen in Teilzeit arbeiten. Das Bundesarbeitsgericht erkannte nun tatsächlich einen Verstoß gegen das allgemeine Gleichbehandlungsgesetz.

Wenngleich die Entscheidung noch nicht schriftlich begründet wurde, empfiehlt es sich schon jetzt zu prüfen, ob Sie (insbesondere aufgrund tarifvertraglicher Regelung) Überstundenzuschläge nur für Vollzeitkräfte zahlen.

Gegebenenfalls setzen Sie sich bitte mit unserer Geschäftsstelle in Verbindung.

 

Volle Urlaubsabgeltung trotz Elternzeit?

Foto für Homeage kl Zuschnitt

 

 

 

 

 

 

Von Syndikus Ass. jur. Lasse Gielsdorf

Nach § 17 Abs. 1 BEEG kann der Arbeitgeber den Erholungsurlaub, der dem Arbeitnehmer oder der Arbeitnehmerin für das Urlaubsjahr zusteht, für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit um ein Zwölftel kürzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin während der Elternzeit bei seinem oder ihrem Arbeitgeber Teilzeitarbeit leistet. Gilt das auch für die Kürzung nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Rahmen der Urlaubsabgeltung?

Nein. In seinem Urteil vom 16. April 2024, Az. 9 AZR 165/23 hat das Bundesarbeitsgericht festgestellt, dass sobald der Urlaubsanspruch in einen Abgeltungsanspruch übergegangen ist, eine Kürzung nicht mehr möglich ist. An die Stelle des Urlaubsanspruchs tritt nämlich der Urlaubsabgeltungsanspruch, bei dem es sich um einen Geldanspruch handelt. Das Gesetz unterstellt jedoch allein den „Erholungsurlaub“ der Kürzungsbefugnis des Arbeitgebers, nicht dagegen den auf Geldzahlung gerichteten Abgeltungsanspruch.

Gegen die Klageforderung von insgesamt knapp 25.000 EUR brutto argumentierte der Arbeitgeber daher vergeblich, dass der jeweilige Jahresurlaub nach § 17 Abs. 1 BEEG auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit um ein Zwölftel zu kürzen sei. Auch mit dem Argument, dass der Urlaubsabgeltungsanspruch sich auf null beliefe, weil die Arbeitnehmerin im Referenzzeitraum nach § 11 Abs. 1 S. 1 BUrlG keinen Lohn erhalten habe und der Elternzeit bedingte Ausfall der Arbeitnehmerin auch nicht unverschuldet im Sinne von § 11 Abs. 1 S. 3 BUrlG erfolgt sei, kam der Arbeitgeber nicht weiter.

Nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts führen nach § 11 Abs. 1 S. 3 BUrlG Verdienstkürzungen, die im Berechnungszeitraum infolge eines unverschuldeten Arbeitsversäumnis eintreten nicht zu einer Minderung des Abgeltungsanspruchs. Diesbezüglich ist das Arbeitsversäumnis infolge der Elternzeit nämlich als unverschuldet zu werten.

Wir empfehlen Ihnen in ähnlichen Konstellationen die Kürzung des Urlaubsanspruchs bereits frühzeitig vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber dem Arbeitnehmer zu erklären. Ansonsten können Sie sich auch allgemein bei Problemen im Rahmen der Urlaubsabgeltung jederzeit mit uns in Verbindung setzen.

Gilt das Konzernprivileg auch, wenn ein Arbeitnehmer seit Beginn des Arbeitsverhältnisses einem anderen Konzernunternehmen überlassen wird?

anna fischer neu

Von Fachanwältin für Arbeitsrecht Anna Fischer

Laut aktueller Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts: Nein!

In seinem Urteil vom 12. November 2024 (Aktenzeichen 9 AZR 13/24) hat das Bundesarbeitsgericht festgestellt, dass regelmäßig davon auszugehen ist, dass eine Beschäftigung eines Arbeitnehmers zum Zwecke der Überlassung erfolgt ist, wenn ein Unternehmern, dass einem Konzern angehört, einen Arbeitnehmer seit Beginn des Arbeitsverhältnisses über mehrere Jahre einem anderen Konzernunternehmen überlässt. Dann kann sich das entleihende Unternehmen nicht auf das Konzernprivileg im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz berufen.

Grundsätzlich kommt zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer gemäß § 10 Abs. 1 AÜG ein Arbeitsverhältnis zustande, wenn der Arbeitsvertrag zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer aus einem der in § 9 Abs. 1 AÜG aufgeführten Gründe unwirksam ist. Diese Rechtsfolge tritt bei einer Arbeitnehmerüberlassung zwischen Konzernunternehmen jedoch nicht ein (Konzernprivileg), es sei denn, der Arbeitnehmer wird „zum Zweck der Überlassung eingestellt und beschäftigt“.

In dem dem vorgenannten Urteil zugrunde liegenden Fall war der Kläger über einen Zeitraum von insgesamt 12 Jahren bei der A-GmbH angestellt. Seine vertraglich geschuldete Tätigkeit verrichtet er aber auf dem Werksgelände der B-GmbH, einem Unternehmen der Automobilindustrie. Die A-GmbH und die B-GmbH waren während der Beschäftigungsdauer des Klägers konzernverbundene Unternehmen. Der Kläger hatte mit seiner Klage geltend gemacht, dass zwischen ihm und der B-GmbH gemäß § 10 Abs. 1 in Verbindung mit § 9 Abs. 1 AÜG ein Arbeitsverhältnis zustande gekommen ist, weil er seit Anbeginn seiner Beschäftigung bei der B-GmbH unter Verletzung der Vorgaben des AÜG als Leiharbeitnehmer eingesetzt worden sei. Die vertragliche Zusammenarbeit zwischen der B-GmbH und der A-GmbH sei nicht dienst- oder werkvertraglicher Natur gewesen, sondern als Arbeitnehmerüberlassung zu qualifizieren.

Die Vorinstanzen haben die Klage des Klägers abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat insbesondere die Voraussetzungen für das Eingreifen des Konzernprivilegs bejaht, weil der Kläger nicht zum Zwecke der Überlassung eingestellt und beschäftigt wurden sei. Das BAG war jedoch anderer Ansicht. Es führte hierzu insbesondere aus, dass das Konzernprivileg nicht nur dann unanwendbar sei, wenn Einstellung und Beschäftigung zum Zwecke der Überlassung erfolgen. Die Konjunktion und in § 1 Abs. 3 Nr. 2 AÜG ist als Aufzählung der bezeichneten Sachverhalte zu verstehen. Nach dem Willen des Gesetzgebers kommt das Konzernprivileg auch dann nicht zur Anwendung, wenn der Arbeitnehmer zum Zwecke der Überlassung eingestellt oder beschäftigt wird. Dies sei regelmäßig der Fall, wenn der Arbeitnehmer seit Beschäftigungsbeginn über mehrere Jahre hinweg durchgehend als Leiharbeitnehmer eingesetzt wird. Eine solche Praxis injiziere einen entsprechenden Beschäftigungszweck.

Das Bundesarbeitsgericht hat die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen, um weitere Tatsachen aufzuklären, da zwischen den Parteien die Umstände strittig waren, unter denen der Kläger seine Arbeitsleistung erbrachte.

Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts verschärft die ohnehin schon nicht einfache Handhabe zum Konzernprivileg bei der Arbeitnehmerüberlassung. Unternehmen ist daher anzuraten, genau zu prüfen, ob Mitarbeiter lediglich eingestellt oder beschäftigt werden, um sie einem konzernverbundenen Unternehmen zu überlassen.

Adresse

Arbeitgeberverband Stade Elbe‑Weser‑Dreieck e. V.
Poststraße 1
21682 Stade
Tel.: 04141 4101-0
Fax: 04141 4101-20
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