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Erstellt: 15. Januar 2025
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Von Syndikus Ass. jur. Lasse Gielsdorf
Nach § 17 Abs. 1 BEEG kann der Arbeitgeber den Erholungsurlaub, der dem Arbeitnehmer oder der Arbeitnehmerin für das Urlaubsjahr zusteht, für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit um ein Zwölftel kürzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin während der Elternzeit bei seinem oder ihrem Arbeitgeber Teilzeitarbeit leistet. Gilt das auch für die Kürzung nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Rahmen der Urlaubsabgeltung?
Nein. In seinem Urteil vom 16. April 2024, Az. 9 AZR 165/23 hat das Bundesarbeitsgericht festgestellt, dass sobald der Urlaubsanspruch in einen Abgeltungsanspruch übergegangen ist, eine Kürzung nicht mehr möglich ist. An die Stelle des Urlaubsanspruchs tritt nämlich der Urlaubsabgeltungsanspruch, bei dem es sich um einen Geldanspruch handelt. Das Gesetz unterstellt jedoch allein den „Erholungsurlaub“ der Kürzungsbefugnis des Arbeitgebers, nicht dagegen den auf Geldzahlung gerichteten Abgeltungsanspruch.
Gegen die Klageforderung von insgesamt knapp 25.000 EUR brutto argumentierte der Arbeitgeber daher vergeblich, dass der jeweilige Jahresurlaub nach § 17 Abs. 1 BEEG auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit um ein Zwölftel zu kürzen sei. Auch mit dem Argument, dass der Urlaubsabgeltungsanspruch sich auf null beliefe, weil die Arbeitnehmerin im Referenzzeitraum nach § 11 Abs. 1 S. 1 BUrlG keinen Lohn erhalten habe und der Elternzeit bedingte Ausfall der Arbeitnehmerin auch nicht unverschuldet im Sinne von § 11 Abs. 1 S. 3 BUrlG erfolgt sei, kam der Arbeitgeber nicht weiter.
Nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts führen nach § 11 Abs. 1 S. 3 BUrlG Verdienstkürzungen, die im Berechnungszeitraum infolge eines unverschuldeten Arbeitsversäumnis eintreten nicht zu einer Minderung des Abgeltungsanspruchs. Diesbezüglich ist das Arbeitsversäumnis infolge der Elternzeit nämlich als unverschuldet zu werten.
Wir empfehlen Ihnen in ähnlichen Konstellationen die Kürzung des Urlaubsanspruchs bereits frühzeitig vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber dem Arbeitnehmer zu erklären. Ansonsten können Sie sich auch allgemein bei Problemen im Rahmen der Urlaubsabgeltung jederzeit mit uns in Verbindung setzen.
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Erstellt: 28. November 2024
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Von Fachanwältin für Arbeitsrecht Anna Fischer
Laut aktueller Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts: Nein!
In seinem Urteil vom 12. November 2024 (Aktenzeichen 9 AZR 13/24) hat das Bundesarbeitsgericht festgestellt, dass regelmäßig davon auszugehen ist, dass eine Beschäftigung eines Arbeitnehmers zum Zwecke der Überlassung erfolgt ist, wenn ein Unternehmern, dass einem Konzern angehört, einen Arbeitnehmer seit Beginn des Arbeitsverhältnisses über mehrere Jahre einem anderen Konzernunternehmen überlässt. Dann kann sich das entleihende Unternehmen nicht auf das Konzernprivileg im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz berufen.
Grundsätzlich kommt zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer gemäß § 10 Abs. 1 AÜG ein Arbeitsverhältnis zustande, wenn der Arbeitsvertrag zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer aus einem der in § 9 Abs. 1 AÜG aufgeführten Gründe unwirksam ist. Diese Rechtsfolge tritt bei einer Arbeitnehmerüberlassung zwischen Konzernunternehmen jedoch nicht ein (Konzernprivileg), es sei denn, der Arbeitnehmer wird „zum Zweck der Überlassung eingestellt und beschäftigt“.
In dem dem vorgenannten Urteil zugrunde liegenden Fall war der Kläger über einen Zeitraum von insgesamt 12 Jahren bei der A-GmbH angestellt. Seine vertraglich geschuldete Tätigkeit verrichtet er aber auf dem Werksgelände der B-GmbH, einem Unternehmen der Automobilindustrie. Die A-GmbH und die B-GmbH waren während der Beschäftigungsdauer des Klägers konzernverbundene Unternehmen. Der Kläger hatte mit seiner Klage geltend gemacht, dass zwischen ihm und der B-GmbH gemäß § 10 Abs. 1 in Verbindung mit § 9 Abs. 1 AÜG ein Arbeitsverhältnis zustande gekommen ist, weil er seit Anbeginn seiner Beschäftigung bei der B-GmbH unter Verletzung der Vorgaben des AÜG als Leiharbeitnehmer eingesetzt worden sei. Die vertragliche Zusammenarbeit zwischen der B-GmbH und der A-GmbH sei nicht dienst- oder werkvertraglicher Natur gewesen, sondern als Arbeitnehmerüberlassung zu qualifizieren.
Die Vorinstanzen haben die Klage des Klägers abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat insbesondere die Voraussetzungen für das Eingreifen des Konzernprivilegs bejaht, weil der Kläger nicht zum Zwecke der Überlassung eingestellt und beschäftigt wurden sei. Das BAG war jedoch anderer Ansicht. Es führte hierzu insbesondere aus, dass das Konzernprivileg nicht nur dann unanwendbar sei, wenn Einstellung und Beschäftigung zum Zwecke der Überlassung erfolgen. Die Konjunktion und in § 1 Abs. 3 Nr. 2 AÜG ist als Aufzählung der bezeichneten Sachverhalte zu verstehen. Nach dem Willen des Gesetzgebers kommt das Konzernprivileg auch dann nicht zur Anwendung, wenn der Arbeitnehmer zum Zwecke der Überlassung eingestellt oder beschäftigt wird. Dies sei regelmäßig der Fall, wenn der Arbeitnehmer seit Beschäftigungsbeginn über mehrere Jahre hinweg durchgehend als Leiharbeitnehmer eingesetzt wird. Eine solche Praxis injiziere einen entsprechenden Beschäftigungszweck.
Das Bundesarbeitsgericht hat die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen, um weitere Tatsachen aufzuklären, da zwischen den Parteien die Umstände strittig waren, unter denen der Kläger seine Arbeitsleistung erbrachte.
Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts verschärft die ohnehin schon nicht einfache Handhabe zum Konzernprivileg bei der Arbeitnehmerüberlassung. Unternehmen ist daher anzuraten, genau zu prüfen, ob Mitarbeiter lediglich eingestellt oder beschäftigt werden, um sie einem konzernverbundenen Unternehmen zu überlassen.