Überstundenzuschläge für Teilzeitkräfte?

 

manfred v gizycki

 

 

 

 

 

 

Von Fachanwalt für Arbeitsrecht Manfred v. Gizycki

 

Bisher haben wir Überstundenzuschläge nur an die Arbeitnehmer ausgezahlt, die länger als eine Vollzeitkraft gearbeitet haben. Kann das so beibehalten werden?

Nein. Das Bundesarbeitsgericht urteilte am 05. Dezember 2024 (Az. 8 AZR 370/20), dass Teilzeitbeschäftigte in aller Regel ab der ersten Mehrarbeitsstunde denselben Anspruch auf Überstundenzuschläge wie ihre vollzeitbeschäftigten Kollegen haben.

In dem Fall einer Pflegekraft sah der Tarifvertrag einen Zuschlag von 30 % für Überstunden vor – allerdings erst dann, wenn die reguläre Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten überschritten wurde. Da die Pflegekraft nur 40 % einer Vollzeitstelle abdeckte, erhielt sie für geleistete Mehrarbeit keinen Überstundenzuschlag.

Dagegen klagte sie und argumentierte, dass sie durch diese Regelung wegen des Geschlechts diskriminiert worden sei. Empirisch sei bewiesen, dass vorwiegend Frauen in Teilzeit arbeiten. Das Bundesarbeitsgericht erkannte nun tatsächlich einen Verstoß gegen das allgemeine Gleichbehandlungsgesetz.

Wenngleich die Entscheidung noch nicht schriftlich begründet wurde, empfiehlt es sich schon jetzt zu prüfen, ob Sie (insbesondere aufgrund tarifvertraglicher Regelung) Überstundenzuschläge nur für Vollzeitkräfte zahlen.

Gegebenenfalls setzen Sie sich bitte mit unserer Geschäftsstelle in Verbindung.

 

Gilt das Konzernprivileg auch, wenn ein Arbeitnehmer seit Beginn des Arbeitsverhältnisses einem anderen Konzernunternehmen überlassen wird?

anna fischer neu

Von Fachanwältin für Arbeitsrecht Anna Fischer

Laut aktueller Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts: Nein!

In seinem Urteil vom 12. November 2024 (Aktenzeichen 9 AZR 13/24) hat das Bundesarbeitsgericht festgestellt, dass regelmäßig davon auszugehen ist, dass eine Beschäftigung eines Arbeitnehmers zum Zwecke der Überlassung erfolgt ist, wenn ein Unternehmern, dass einem Konzern angehört, einen Arbeitnehmer seit Beginn des Arbeitsverhältnisses über mehrere Jahre einem anderen Konzernunternehmen überlässt. Dann kann sich das entleihende Unternehmen nicht auf das Konzernprivileg im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz berufen.

Grundsätzlich kommt zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer gemäß § 10 Abs. 1 AÜG ein Arbeitsverhältnis zustande, wenn der Arbeitsvertrag zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer aus einem der in § 9 Abs. 1 AÜG aufgeführten Gründe unwirksam ist. Diese Rechtsfolge tritt bei einer Arbeitnehmerüberlassung zwischen Konzernunternehmen jedoch nicht ein (Konzernprivileg), es sei denn, der Arbeitnehmer wird „zum Zweck der Überlassung eingestellt und beschäftigt“.

In dem dem vorgenannten Urteil zugrunde liegenden Fall war der Kläger über einen Zeitraum von insgesamt 12 Jahren bei der A-GmbH angestellt. Seine vertraglich geschuldete Tätigkeit verrichtet er aber auf dem Werksgelände der B-GmbH, einem Unternehmen der Automobilindustrie. Die A-GmbH und die B-GmbH waren während der Beschäftigungsdauer des Klägers konzernverbundene Unternehmen. Der Kläger hatte mit seiner Klage geltend gemacht, dass zwischen ihm und der B-GmbH gemäß § 10 Abs. 1 in Verbindung mit § 9 Abs. 1 AÜG ein Arbeitsverhältnis zustande gekommen ist, weil er seit Anbeginn seiner Beschäftigung bei der B-GmbH unter Verletzung der Vorgaben des AÜG als Leiharbeitnehmer eingesetzt worden sei. Die vertragliche Zusammenarbeit zwischen der B-GmbH und der A-GmbH sei nicht dienst- oder werkvertraglicher Natur gewesen, sondern als Arbeitnehmerüberlassung zu qualifizieren.

Die Vorinstanzen haben die Klage des Klägers abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat insbesondere die Voraussetzungen für das Eingreifen des Konzernprivilegs bejaht, weil der Kläger nicht zum Zwecke der Überlassung eingestellt und beschäftigt wurden sei. Das BAG war jedoch anderer Ansicht. Es führte hierzu insbesondere aus, dass das Konzernprivileg nicht nur dann unanwendbar sei, wenn Einstellung und Beschäftigung zum Zwecke der Überlassung erfolgen. Die Konjunktion und in § 1 Abs. 3 Nr. 2 AÜG ist als Aufzählung der bezeichneten Sachverhalte zu verstehen. Nach dem Willen des Gesetzgebers kommt das Konzernprivileg auch dann nicht zur Anwendung, wenn der Arbeitnehmer zum Zwecke der Überlassung eingestellt oder beschäftigt wird. Dies sei regelmäßig der Fall, wenn der Arbeitnehmer seit Beschäftigungsbeginn über mehrere Jahre hinweg durchgehend als Leiharbeitnehmer eingesetzt wird. Eine solche Praxis injiziere einen entsprechenden Beschäftigungszweck.

Das Bundesarbeitsgericht hat die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen, um weitere Tatsachen aufzuklären, da zwischen den Parteien die Umstände strittig waren, unter denen der Kläger seine Arbeitsleistung erbrachte.

Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts verschärft die ohnehin schon nicht einfache Handhabe zum Konzernprivileg bei der Arbeitnehmerüberlassung. Unternehmen ist daher anzuraten, genau zu prüfen, ob Mitarbeiter lediglich eingestellt oder beschäftigt werden, um sie einem konzernverbundenen Unternehmen zu überlassen.

Darf der Arbeitgeber die Farbe einer Diensthose bestimmen?

 

anna fischer neu

 

 

 

 

 

 

Von Fachanwältin für Arbeitsrecht Anna Fischer

Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf urteilte mit Entscheidung vom 21. Mai 2024 zum Aktenzeichen 3 SLA 224/24: Ja.

Ein Mitarbeiter verstieß mehrfach gegen die im Betrieb geltende Kleiderordnung und erhielt daraufhin die Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf gab dem Arbeitgeber Recht: Die vom Arbeitgeber vorgeschriebene rote Hose sei eine Arbeitsschutzkleidung, das Weisungsrecht des Arbeitgebers hat die Anordnung zum Tragen der roten Arbeitsschutzhose daher gedeckt. Das ästhetische Empfinden des Klägers, der mehrfach in einer schwarzen Arbeitsschutzhose kam, sei bei der Interessenabwägung nachrangig zu beurteilen.

Der Fall spielte in einem Industriebetrieb. Der Arbeitnehmer war dort bereits seit knapp zehn Jahren beschäftigt, musste in seiner Tätigkeit mit Kappsägen und Akkubohrern zum Zuschnitt bzw. zur Montage von Profilen arbeiten sowie knieende Arbeiten verrichten, vor allem bei der Montage. Für diese Tätigkeiten stellte der Arbeitgeber rote Hosen zur Verfügung, die nach der Kleiderordnung zu tragen waren. Gründe für diese Regelungen waren demnach die Wahrung der Corporate Identity, die Geeignetheit als Signalfarbe zum Schutz der Arbeitnehmenden sowie zur unmittelbaren Erkennbarkeit in Abgrenzung zu externen Beschäftigten. Nach über neun Jahren im Job verstieß der Arbeitnehmer gegen diese Regelung und kam in schwarzer Hose zur Arbeit. Eine ausgesprochene Abmahnung hielt ihn jedoch nicht davon ab, kurz darauf erneut in einer eigenen dunklen Hose zu erscheinen. Hierfür bekam er eine weitere Abmahnung. Als er vier Wochen später wieder in einer schwarzen Hose erschien, kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis ordentlich unter Einhaltung der Kündigungsfrist.

Das Landesarbeitsgericht entschied, dass der Arbeitgeber aufgrund seines Weisungsrechts berechtigt war, Rot als Farbe für die Arbeitsschutzhosen vorzuschreiben. Da das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Arbeitgebers nur in der Sozialsphäre betroffen war, genügten sachliche Gründe. Diese waren laut Landesarbeitsgericht auch vorhanden. Ein maßgeblicher berechtigter Aspekt war die Arbeitssicherheit. Der Arbeitgeber durfte Rot als Signalfarbe wählen, weil der Kläger auch in Produktionsbereichen arbeitete, in denen Gabelstapler fuhren. Aber auch im übrigen Produktionsbereich erhöhte die Farbe Rot die Sichtbarkeit der Beschäftigten. Dass der Kläger die rote Hose nicht mochte, reichte dem Gericht im Kündigungsschutzprozess nicht aus. Der Arbeitnehmer unterlag daher in zwei Instanzen.

Das Urteil ist zu begrüßen, der Arbeitgeber kann im Rahmen seines Weisungsrechts entsprechende Dienstkleidung vorschreiben. Hier überwiegt eindeutig das Interesse des Arbeitgebers, zumal es der Sicherheit der Mitarbeiter dient.

 

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