Darf der Arbeitgeber die Farbe einer Diensthose bestimmen?

 

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Von Fachanwältin für Arbeitsrecht Anna Fischer

Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf urteilte mit Entscheidung vom 21. Mai 2024 zum Aktenzeichen 3 SLA 224/24: Ja.

Ein Mitarbeiter verstieß mehrfach gegen die im Betrieb geltende Kleiderordnung und erhielt daraufhin die Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf gab dem Arbeitgeber Recht: Die vom Arbeitgeber vorgeschriebene rote Hose sei eine Arbeitsschutzkleidung, das Weisungsrecht des Arbeitgebers hat die Anordnung zum Tragen der roten Arbeitsschutzhose daher gedeckt. Das ästhetische Empfinden des Klägers, der mehrfach in einer schwarzen Arbeitsschutzhose kam, sei bei der Interessenabwägung nachrangig zu beurteilen.

Der Fall spielte in einem Industriebetrieb. Der Arbeitnehmer war dort bereits seit knapp zehn Jahren beschäftigt, musste in seiner Tätigkeit mit Kappsägen und Akkubohrern zum Zuschnitt bzw. zur Montage von Profilen arbeiten sowie knieende Arbeiten verrichten, vor allem bei der Montage. Für diese Tätigkeiten stellte der Arbeitgeber rote Hosen zur Verfügung, die nach der Kleiderordnung zu tragen waren. Gründe für diese Regelungen waren demnach die Wahrung der Corporate Identity, die Geeignetheit als Signalfarbe zum Schutz der Arbeitnehmenden sowie zur unmittelbaren Erkennbarkeit in Abgrenzung zu externen Beschäftigten. Nach über neun Jahren im Job verstieß der Arbeitnehmer gegen diese Regelung und kam in schwarzer Hose zur Arbeit. Eine ausgesprochene Abmahnung hielt ihn jedoch nicht davon ab, kurz darauf erneut in einer eigenen dunklen Hose zu erscheinen. Hierfür bekam er eine weitere Abmahnung. Als er vier Wochen später wieder in einer schwarzen Hose erschien, kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis ordentlich unter Einhaltung der Kündigungsfrist.

Das Landesarbeitsgericht entschied, dass der Arbeitgeber aufgrund seines Weisungsrechts berechtigt war, Rot als Farbe für die Arbeitsschutzhosen vorzuschreiben. Da das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Arbeitgebers nur in der Sozialsphäre betroffen war, genügten sachliche Gründe. Diese waren laut Landesarbeitsgericht auch vorhanden. Ein maßgeblicher berechtigter Aspekt war die Arbeitssicherheit. Der Arbeitgeber durfte Rot als Signalfarbe wählen, weil der Kläger auch in Produktionsbereichen arbeitete, in denen Gabelstapler fuhren. Aber auch im übrigen Produktionsbereich erhöhte die Farbe Rot die Sichtbarkeit der Beschäftigten. Dass der Kläger die rote Hose nicht mochte, reichte dem Gericht im Kündigungsschutzprozess nicht aus. Der Arbeitnehmer unterlag daher in zwei Instanzen.

Das Urteil ist zu begrüßen, der Arbeitgeber kann im Rahmen seines Weisungsrechts entsprechende Dienstkleidung vorschreiben. Hier überwiegt eindeutig das Interesse des Arbeitgebers, zumal es der Sicherheit der Mitarbeiter dient.

 

Präsenzschulung oder Online-Seminar – Wer darf dies entscheiden, der Betriebsrat oder der Arbeitgeber?

tobias wilkens

 

 

 

 

 

Von Fachanwalt für Arbeitsrecht Tobias Wilkens

 

Mit dieser Frage hat sich das Bundesarbeitsgericht in seinem Beschluss vom 7. Februar 2024 zum Aktenzeichen 7 ABR 8/23 befasst. In den Betriebsrat einer nordrheinwestfälischen Luftverkehrsgesellschaft waren zwei neue Mitglieder hinzugekommen. Der Betriebsrat entsandte diese zwei Mitglieder zu einer mehrtätigen betriebsverfassungsrechtlichen Grundlagenschulung nach Potsdam. Ursprünglich hatte der Betriebsrat das Seminar im reizvolleren Ostseebad Binz vorgesehen. Nachdem der Arbeitgeber zunächst die Seminargebühren sowie die Übernachtungs- und Verpflegungskosten verweigert hatte, zahlte er die Seminargebühren nach dem klagstattgebenden erstinstanzlichen Urteil. Vor dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf zum Aktenzeichen 8 Ta BV 59/21 waren zweitinstanzlich lediglich noch die Übernachtungs- und Verpflegungskosten im Streit. Der Arbeitgeber begründete dies damit, die Mitglieder des Betriebsrates hätten an einem zeit- und Inhaltsgleich angebotenen mehrtätigen Online-Seminar desselben Schulungsanbieters teilnehmen können. Auch das LAG hat den Arbeitgeber zur Zahlung verpflichtet.

Die hiergegen gerichtete Rechtsbeschwerde des Arbeitgebers beim Bundesarbeitsgericht hatte vor dem 7. Senat keinen Erfolg: Ein Betriebsrat hat bei der Beurteilung, zu welchen Schulungen er seine Mitglieder entsendet, einen gewissen Spielraum. Dieser umfasst grundsätzlich auch das Schulungsformat. Dem steht nicht von vorherein entgegen, dass bei einem Präsenzseminar im Hinblick auf die Übernachtung und Verpflegung der Schulungsteilnehmer regelmäßig höhere Kosten anfallen als bei einem Online-Seminar.

Das nicht sonderlich zu begrüßende Urteil dürfte dazu führen, Anreize für kostenintensivere Präsenzveranstaltungen, ggf. auch an reizvollen Orten, zu verstärken. Zu begrüßen gewesen wäre eine stärkere Verpflichtung des Betriebsrates, betriebliche Ressourcen und insbesondere betriebliche Kosten im Blick zu haben und möglichst kosteneffizient vorzugehen.

Betriebliches Eingliederungsmanagement ohne datenschutzrechtliche Einwilligungserklärung?

manfred v gizycki

 

Zum betrieblichen Eingliederungsmanagement muss unter Beachtung besonderer Formvorschriften eingeladen werden. Dazu gehört auch eine datenschutzrechtliche Einwilligungserklärung. Kann der Arbeitgeber das BEM-Verfahren als abgelehnt betrachten, wenn der Arbeitnehmer die datenschutzrechtliche Einwilligung verweigert?

 

 

 

Von Fachanwalt für Arbeitsrecht Manfred v. Gizycki

Das Bundesarbeitsgericht hatte am 15. Dezember 2022 (2 AZR 162/22) über einen Fall zu entscheiden, in dem eine Arbeitnehmerin der Durchführung eines BEM zugestimmt hatte, jedoch nicht bereit war, die vom Arbeitgeber vorformulierte datenschutzrechtliche Einwilligungserklärung zu unterzeichnen. Der Arbeitgeber sah sich deshalb „rechtlich nicht in der Lage“, das BEM fortzusetzen und betrachtete dieses als beendet. In dem Rechtstreit um eine anschließende personenbedingte Kündigung des Arbeitsverhältnisses musste im Hinblick auf die Darlegungs- und Beweislast der Parteien die Frage beantwortet werden, ob der Arbeitgeber ein ordnungsgemäßes BEM angeboten hatte.

Das Bundesarbeitsgericht verneinte ein solches Angebot, weil der Arbeitgeber die Einleitung eines BEM nicht von einer datenschutzrechtlichen Einwilligungserklärung hätte abhängig machen dürfen. Die vorherige Unterzeichnung einer Einwilligung in die Verarbeitung von personenbezogenen Gesundheitsdaten sieht § 167 Abs. 2 SGB IX nicht vor. Dem Arbeitgeber sei es möglich und zumutbar gewesen, das BEM zu beginnen, auch wenn die Arbeitnehmerin mit der Datenverarbeitung nicht einverstanden war. Der Arbeitgeber hätte mit der Arbeitnehmerin in einem Erstgespräch den möglichen Verfahrensablauf besprechen und versuchen können, die offenbar bei ihr bestehenden Vorbehalte auszuräumen. Die Vorstellung der Arbeitnehmerin hätten so weit wie möglich bei dem weiteren Verfahrensablauf berücksichtigt werden müssen.

Erst in einem weiteren Termin wären dann mit den Verfahrensbeteiligten die in Betracht kommenden Möglichkeiten zu erörtern gewesen, ob und ggf. auf welche Weise die Arbeitsunfähigkeiten der Klägerin reduziert werden könnten. Erst in diesem Stadium hätten Arbeitgeber und Arbeitnehmerin darüber zu befinden gehabt, ob und ggf. welche Angaben über den Gesundheitszustand hierfür voraussichtlich erforderlich sind und auf welche Weise etwaige Gesundheitsdaten rechtskonform zu erheben und zu verarbeiten sind.

Nur wenn die Klägerin dann noch immer nicht bereit gewesen wäre, an dem weiteren Klärungsprozess, beispielsweise durch Vorlage der dafür möglicherweise – je nach Lage des Einzelfalles – erforderlichen Diagnosen und Arztberichte konstruktiv mitzuwirken, hätte der Arbeitgeber zur Verfahrensbeendigung berechtigt sein können, ohne bei einer nachfolgenden Kündigung verfahrensrechtliche Nachteile zu haben.

Wir empfehlen, dass Sie sich bei einer Weigerung, die datenschutzrechtliche Einwilligungserklärung zu unterzeichnen, mit uns in Verbindung setzen, um das weitere Vorgehen abzustimmen.

Adresse

Arbeitgeberverband Stade Elbe‑Weser‑Dreieck e. V.
Poststraße 1
21682 Stade
Tel.: 04141 4101-0
Fax: 04141 4101-20
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