Von Rechtsanwalt Manfred v. Gizyckimanfred v gizycki

Muss die Schwerbehindertenvertretung beteiligt werden, wenn ein Mitarbeiter mit einem GdB von 30 einen Gleichstellungsantrag gestellt hat, und umgesetzt werden soll?

Antwort:

Wie sich aus der Pressemitteilung Nr. 4/20 des Bundesarbeitsgerichts ergibt, ist dies nicht der Fall.

Die Arbeitgeberin, ein Jobcenter, beschäftigte eine Arbeitnehmerin, die als behinderter Mensch mit einem GdB von 30 anerkannt ist. Am 4. Februar 2015 stellte diese einen Antrag auf Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen mit der Bundesagentur für Arbeit und informierte den Leiter des Jobcenter hierüber. Das Jobcenter setzte die Arbeitnehmerin im November 2015 für die Dauer von sechs Monaten in ein anderes Team um, ohne zuvor die Schwerbehindertenvertretung unterrichtet und angehört zu haben. Mit Bescheid vom 21. April 2016 stellte die Bundesagentur für Arbeit die Arbeitnehmerin rückwirkend zum 4. Februar 2015 einem schwerbehinderten Menschen gleich.

Die Schwerbehindertenvertretung des Jobcenters hat im Wege eines Hauptantrags und mehrerer Hilfsanträge im Wesentlichen geltend gemacht, das Jobcenter habe sie vorsorglich auch dann zu unterrichten und anzuhören, wenn behinderte Arbeitnehmer, die einen Gleichstellungsantrag gestellt und dies dem Jobcenter mitgeteilt haben, auf einen anderen Arbeitsplatz umgesetzt werden sollen.

Das Arbeitsgericht hat dem Hauptantrag stattgegeben, das Landesarbeitsgericht hat die Anträge aber abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Rechtsbeschwerde der Schwerbehindertenvertretung blieb beim Bundesarbeitsgericht ohne Erfolg.

Nach § 178 Abs. 2 Satz 1 SGB IX hat der Arbeitgeber die Schwerbehindertenvertretung in allen Angelegenheiten, die einen einzelnen oder die schwerbehinderten Menschen als Gruppe berühren, unverzüglich und umfassend zu unterrichten und vor einer Entscheidung anzuhören. Diese Regelung gilt gemäß § 151 Abs. 1 SGB IX für Schwerbehinderte und diesen gleichgestellte behinderte Menschen.

Die Beteiligungspflicht bei Umsetzung besteht danach nicht, wenn die Umsetzung einen behinderten Arbeitnehmer betrifft, der einen Antrag auf Gleichstellung gestellt hat, über den noch nicht entschieden ist. Die Gleichstellung erfolgt erst durch die konstitutiv wirkende Feststellung der Bundesagentur für Arbeit. Erst ab diesen Zeitpunkt besteht das Beteiligungsrecht der Schwerbehindertenvertretung bei der Umsetzung nach § 178 Abs. 2 Satz 1 SGB IX.

Zwar rührt die Gleichstellung nach § 151 Abs. 2 Satz 2 SGB IX auf den ersten Tag des Eingangs des Antrags zurück. Dies begründet jedoch nicht die Verpflichtung des Arbeitgebers, die Schwerbehindertenvertretung vor der Entscheidung über den Gleichstellungsantrag vorsorglich über eine Umsetzung zu unterrichten und zu dieser anzuhören. Dass ist mit den Vorgaben des Unionsrechts und der UN-Behindertenrechtskonvention nicht vereinbar, so das Bundesarbeitsgericht in seinem Beschluss vom 22. Januar 2020 (7 ABR 18/18).

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