Von Rechtsanwalt Tobias Wilkens
Nein.
Das Bundesarbeitsgericht hat mit zu begrüßendem Urteil vom 25. Januar 2022 (9 AZR 146/21) entschieden, der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, ein Arbeitszeugnis mit einer Schlussformel zu versehen, in der er dem Arbeitnehmer für die geleistete Arbeit dankt und ihm für die Zukunft alles Gute und viel Erfolg wünscht.
Ein solcher Anspruch lässt sich weder unmittelbar aus § 109 Abs. 1 GewO noch aus einer verfassungskonformen Auslegung dieser Vorschrift noch aus der Rücksichtnahmepflicht gemäß § 241 Abs. 2 BGB herleiten.
Eine sogenannte Dankes- und Wunschformel trägt nur unwesentlich zur Erreichung des Zeugniszwecks als Beurteilungsgrundlage für künftige Arbeitgeber bei. Sie bringt Gedanken und Gefühle des Arbeitgebers zum Ausdruck, die weder Rückschlüsse auf die Art und Weise, in der der Arbeitnehmer die ihm übertragenen Aufgaben erledigt hat, noch auf dessen für das Arbeitsverhältnis wesentlichen Charaktereigenschaften und Persönlichkeitszüge zulassen.
Durch eine verpflichtende Aufnahme einer Dankes- und Wunschformel als integraler Bestandteil eines qualifizierten Zeugnisses würde die durch Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG gestützte negative Meinungsfreiheit des Arbeitgebers beeinträchtigt, weil er verpflichtet wäre, innere Gedanken über und seine Gefühle für den aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidenden Arbeitnehmer zu äußern.
Der abschließende Charakter der Regelung in § 109 Abs. 1 S. 2 und S. 3 Gewerbeordnung steht einer Erweiterung der in ein qualifiziertes Arbeitszeugnis aufzunehmenden Angaben durch das Rücksichtnahmegebot des § 241 Abs. 2 BGB entgegen.
Beim in der Praxis häufig auftretenden Konflikt, wonach ein Zeugnis wahr, aber auch dem beruflichen Fortkommen des Arbeitnehmers dienlich sein soll, lässt das Bundesarbeitsgericht dem Arbeitgeber im Ergebnis Spielraum zur wahrheitsgemäßen Ausstellung des Zeugnisses, dem eigentlichen Zweck eines Zeugnisses, in dem bei der Dankes- und Wunschklausel keine Verklammerung mit dem Gebot des beruflichen Fortkommens vorgenommen wird.