Die Stimmung in den Unternehmen ist angespannt

B&P-GESPRÄCH AGV-Hauptgeschäftsführer Thomas Falk über den alltäglichen Pandemie-Wahnsinn und das politische Dauerchaos

Seit Anfang November klingelten die Telefone im Büro des Arbeitgeberverbandes Stade Elbe-Weser-Dreieck e.V. wieder häufiger: Die rapide steigenden Corona-Zahlen und die diskutierten Maßnahmen speziell auch für Unternehmen bereiteten den Mitgliedern zunehmend Kopfzerbrechen und warfen viele Fragen auf, wie Hauptgeschäftsführer Thomas Falk im B&P-Gespräch sagt.: „Die Stimmung in den Unternehmen ist angespannt. Und das Vertrauen in den Gestaltungswillen der Politik wurde auf eine harte Probe gestellt. Die jüngsten Entscheidungen geben aber ein bisschen Hoffnung, dass wir jetzt so langsam auf dem richtigen Weg sind. Dazu zählt für mich auch eine allgemeine Impfpflicht. Dass sich Geimpfte und Genesene heute zusätzlich testen lassen müssen, ist allerdings allein auf die zu geringe Impfbereitschaft der Bevölkerung zurückzuführen. Das hätte anders laufen können.“

Nachdem die Infektionszahlen auf Rekordkurs sind und das RKI täglich Hiobsbotschaften verbreitet, wird jetzt immer deutlicher, dass die politischen Entscheider viel zu lange gezögert haben. Das gilt vor allem für die Zick-Zack-Politik des Bundesgesundheitsministers. Falk: „Es war natürlich ein Fehler, die Impfzentren zu schließen, während in anderen Ländern bereits die Booster-Impfungen hochgefahren wurden. Das war doch absehbar. Es wurde zu wenig Druck auf die Impfunwilligen ausgeübt. Und zu guter Letzt wurde auch noch das Ende der ‚epidemischen Lage nationaler Tragweite‘ verkündet – das mag formal richtig sein, um Ordnung in die Entscheidungsebenen zu bringen, aber nach außen war das ein völlig falsches Signal.“

Immerhin gibt es mittlerweile auch positive Entscheidungen: „Dass der Arbeitgeber jetzt das Recht hat, seine Mitarbeiter nach ihrem Impfstatus zu befragen, ist gut, hat aber auch sehr lange gedauert. Und dass Ungeimpfte in Quarantäne keine Lohnfortzahlung bekommen, ist ebenfalls konsequent“, sagt Thomas Falk.

Impfen, impfen, impfen!

Und weiter: „Wir haben jetzt zwei Jahre lang mit der Pandemie zu kämpfen und es lange genug in der Hand gehabt, uns auf die Pandemie einzustellen. Trotzdem gibt es offenbar immer noch Probleme, die Arztpraxen mit ausreichenden Impfdosen zu versorgen. Meines Erachtens muss jetzt alles in die Logistik investiert werden, um das formulierte Ziel zu erreichen: 30 Millionen Impfungen bis Weihnachten. Wenn wir aus der Pandemie herauswollen, gibt es nur einen Weg: Impfen, impfen, impfen. Und so viel Impfstoff produzieren wie möglich, um ihn in die Länder der Dritten Welt zu liefern. Es nützt uns doch nichts, wenn wir die Infektionszahlen wieder herunterbekommen, sich im Ausland aber neue Virusvarianten entwickeln, die dann wieder hereingeschleppt werden – siehe Omikron. Das griechische Alphabet hat noch eine ganze Reihe weiterer Buchstaben . . .“

Eine aktuelle Maßnahme findet den ungeteilten Beifall Falks: Nach Portugal und Italien setzt auch die deutsche Regierung einen Bundeswehrgeneral an die Spitze des Krisenstabs. Falk: „Das lässt auf klare und schnelle Entscheidungen hoffen.“ Insgesamt sei die Erwartungshaltung in der Wirtschaft groß, dass einmal verhängte Maßnahmen nicht wieder vorschnell eingestellt werden, weil man hofft, dass es nun besser wird. Klar, Impfzentren sind teuer. Aber sie abzubauen, um sie jetzt wieder aufzubauen, ist noch viel teurer.“ wb

Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg zu 2Gplus bei körpernahen Dienstleistungen

In Niedersachsen gilt anhand der aktuellen Corona-Verordnung ab einer Warnstufe 2 in verschiedenen Einrichtungen 2Gplus, u. a. bei körpernahen Dienstleistungen. Im Rahmen eines Normenkontrolleilverfahrens vor dem Oberverwaltungsgericht Lüneburg beanstandete ein Antragsteller dieses 2Gplus-Erfordernis bei körpernahen Dienstleistungen. Dieser Antrag hatte Erfolg. Der Senat hat die Bestimmung mit sofortiger Wirkung vorläufig außer Vollzug gesetzt. Der mit der 2G(plus)-Regelung vollständige Ausschluss ungeimpfter von allen körpernahen Dienstleistungen sei unangemessen und unter Berücksichtigung des aktuellen Infektionsschutzgeschehens in Niedersachsen keine notwendige Schutzmaßnahme. Das Infektionsrisiko bei der Inanspruchnahme körpernaher Dienstleistungen sei regelmäßig auf nur wenige gleichzeitig anwesende Personen beschränkt und könne durch Basisschutzmaßnahmen (beispielsweise FFP-2-Maske, Testnachweis und Kontaktdatenerfassung) deutlich reduziert werden. Der vollständige Ausschluss Ungeimpfter von allen körpernahen Dienstleistungen berücksichtige grundlegende Bedürfnisse nach einzelnen dieser Dienstleistungen gar nicht, jedenfalls aber mit der allein vorgesehenen Ausnahme für „medizinisch notwendige körpernahe Dienstleistungen“ nicht ausreichend. Bis zu einer Neuregelung der Zugangsbeschränkungen bei der Entgegennahme einer Dienstleistung eines Betriebs der körpernahen Dienstleistungen gelten die Pflichten zum Tragen einer Maske des Schutzniveaus FFP-2 oder ähnlichem, zu Kontaktdatenerhebung und -dokumentation und zur Erstellung und Umsetzung eines Hygienekonzepts. Die Außervollzugsetzung der sog. 2Gplus-Regelung bei körpernahen Dienstleistungen wirkt nicht nur zu Gunsten des Antragstellers in dem einzelnen Verfahren. Die Entscheidung ist vielmehr allgemeinverbindlich.

 

 

 

oberverwaltungsgericht.niedersachsen.de/aktuelles/presseinformationen/vorlaufige-ausservollzugsetzung-der-2-g-plus-regelung-bei-korpernahen-dienstleistungen-206817.html

FAQ zur SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung aktualisiert

Im Zusammenhang mit der Einführung der 3G- bzw. 2G-Regel in den Betrieben oder bei Kunden des Arbeitgebers stellen sich - insbesondere seit dem Wegfall des kostenlosen Bürgertestangebots am 11. Oktober 2021 - arbeitsrechtliche Fragen. Zudem hat die DGUV ein Papier mit Handlungshinweisen zum Umgang mit geimpften und genesenen Personen veröffentlicht.
 
Dies hat die BDA zum Anlass genommen, ihre FAQ zur Corona-Arbeitsschutzverordnung zu aktualisieren. Sie finden die FAQ im unten stehenden Download sowie auf der entsprechenden BDA-Coronaseite https://arbeitgeber.de/covid-19/.
 
 
 

FAQ_SARS_CoV-2_Arbeitsschutzverordnung_und_mobile_Arbeit.pdf

 

Rezension - Praxisleitfaden – Betriebsrätemodernisierungsgesetz von Frau Dr. Jessica Blattner

Im kommenden Frühjahr stehen turnusmäßig die nächsten Betriebsratswahlen an. Dabei sind maßgebliche Änderungen gegenüber früheren Wahlen zu berücksichtigen, die sich aus dem Betriebsrätemodernisierungsgesetz ergeben. Im Verlag Franz Vahlen ist dazu jetzt der „Praxisleitfaden – Betriebsrätemodernisierungsgesetz“ von Frau Dr. Jessica Blattner veröffentlicht worden.

Auf knapp 100 Seiten wird jede Änderung zunächst durch die Darstellung des geänderten Gesetzestextes präsentiert. Auf der zweiten Stufe wird die jeweilige Absicht des Gesetzgebers vorgestellt und in den Kontext mit den bisherigen Regelungen gestellt. Und schließlich wird die zu erwartenden praktischen Relevanz der Änderung dargestellt.

Ein Beispiel: Die jetzt zulässige Video- und Telefonkonferenz bedarf näherer Ausgestaltung in der Geschäftsordnung des Betriebsrats. Dafür enthält der Praxisleitfaden einen umfassenden Formulierungsvorschlag, den Ihr Betriebsrat 1:1 übernehmen könnte.

Die oben aufgezeigte, klare Struktur erleichtert es dem Leser, aufgetretene Fragen gezielt zu beantworten. Die vielen Tipps sind eine echte Hilfe für jeden Praktiker und kostet 19 Euro.

Blattner | Betriebsrätemodernisierungsgesetz | | 2021 | beck-shop.de

Rechtsfrage aktuell: Muss- und Sollangaben bei der Massenentlassungsanzeige

Muss- und Sollangaben bei der Massenentlassungsanzeige

Von Rechtsanwältin Anna Fischeranna fischer neu

Gemäß § 17 KSchG hat der Arbeitgeber unter gewissen Voraussetzungen eine Massenentlassungsanzeige bei der zuständigen Agentur für Arbeit zu erstatten. Diese Anzeige dient dem Zweck, die Agentur für Arbeit vorzuwarnen und eine Weitervermittlung der betroffenen Arbeitnehmer in eine neue Beschäftigung zu erleichtern. Eine ordnungsgemäße Erfüllung des Massenentlassungsanzeigeverfahrens ist lt. Bundesarbeitsgericht Voraussetzung für die Wirksamkeit der entsprechenden betriebsbedingten Kündigungen.

Aus § 17 Abs. 3 KSchG ergeben sich die Angaben, die der Arbeitgeber gegenüber der Agentur für Arbeit machen muss. Diese Muss-Angaben umfassen den Namen des Arbeitgebers, den Sitz und die Art des Betriebs, die Gründe für die geplanten Entlassungen, Zahl- und Berufsgruppen der zu entlassenden und in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer, die Zeit, in der die Entlassungen vorgenommen werden sollen und die vorgesehenen Kriterien für die Auswahl der zu entlassenen Arbeitnehmer. Des Weiteren führt § 17 Abs. 3 KSchG jedoch auch Soll-Angaben aus. Hierzu zählen die Angaben über Geschlecht, Alter, Beruf und Staatsangehörigkeit der zu entlassenden Arbeitnehmer. Bislang herrschte Einigkeit darüber, welche Angaben der Arbeitgeber in der Massenentlassungsanzeige machen muss und welche er (freiwillig) machen kann, nämlich die Soll-Angaben.

Das hessische Landesarbeitsgericht hat jedoch mit Urteil vom 25. Juni 2021 zum Aktenzeichen 14 Sa 1225/20 entschieden, dass eine Massenentlassung unwirksam sei, wenn nicht auch die Soll-Angaben in der Anzeige enthalten sind. Zur Begründung führt das LAG aus, dass die Massenentlassungsanzeige nach Artikel 3 Abs. 4 Satz 1 der Europäischen Massenentlassungsrichtlinie (eMERL) alle zweckdienlichen Angaben enthalten muss, die dem Arbeitgeber zur Verfügung stehen. Dabei sei kein Unterschied zwischen Soll- und Muss-Angaben zu machen. Der Gesetzgeber hat beide Kategorien von Informationen offensichtlich für zweckdienlich erachtet. Der Unterschied zwischen den Formulierungen „müssen“ und „sollen“ sei lediglich dem Umstand geschuldet, dass der Arbeitgeber stets über alle Muss-Angaben verfügt, während die Soll-Angaben nicht aus seiner Sphäre stammen und daher nur insoweit anzugeben sind, wie sie dem Arbeitgeber vorliegen. Damit hielt das hessische LAG die dem Rechtsstreit zu Grunde liegende Massenentlassungsanzeige für unwirksam, da die Soll-Angaben nicht enthalten waren. Folge dessen war die Unwirksamkeit der ausgesprochenen Kündigungen.

Die Entscheidung des hessischen LAG ist nicht rechtskräftig, es bleibt abzuwarten, ob ein Revisionsverfahren eingeleitet wird. Es ist aber aufgrund der Rechtsunsicherheit zu empfehlen, neben den Muss-Angaben auch die Soll-Angaben zu machen, um nicht eine Unwirksamkeit der Massenentlassungsanzeige und infolge dessen eine Unwirksamkeit der Kündigungen zu riskieren.

Adresse

Arbeitgeberverband Stade Elbe‑Weser‑Dreieck e. V.
Poststraße 1
21682 Stade
Tel.: 04141 4101-0
Fax: 04141 4101-20
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