Rechtsfrage aktuell: Muss- und Sollangaben bei der Massenentlassungsanzeige

Muss- und Sollangaben bei der Massenentlassungsanzeige

Von Rechtsanwältin Anna Fischeranna fischer neu

Gemäß § 17 KSchG hat der Arbeitgeber unter gewissen Voraussetzungen eine Massenentlassungsanzeige bei der zuständigen Agentur für Arbeit zu erstatten. Diese Anzeige dient dem Zweck, die Agentur für Arbeit vorzuwarnen und eine Weitervermittlung der betroffenen Arbeitnehmer in eine neue Beschäftigung zu erleichtern. Eine ordnungsgemäße Erfüllung des Massenentlassungsanzeigeverfahrens ist lt. Bundesarbeitsgericht Voraussetzung für die Wirksamkeit der entsprechenden betriebsbedingten Kündigungen.

Aus § 17 Abs. 3 KSchG ergeben sich die Angaben, die der Arbeitgeber gegenüber der Agentur für Arbeit machen muss. Diese Muss-Angaben umfassen den Namen des Arbeitgebers, den Sitz und die Art des Betriebs, die Gründe für die geplanten Entlassungen, Zahl- und Berufsgruppen der zu entlassenden und in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer, die Zeit, in der die Entlassungen vorgenommen werden sollen und die vorgesehenen Kriterien für die Auswahl der zu entlassenen Arbeitnehmer. Des Weiteren führt § 17 Abs. 3 KSchG jedoch auch Soll-Angaben aus. Hierzu zählen die Angaben über Geschlecht, Alter, Beruf und Staatsangehörigkeit der zu entlassenden Arbeitnehmer. Bislang herrschte Einigkeit darüber, welche Angaben der Arbeitgeber in der Massenentlassungsanzeige machen muss und welche er (freiwillig) machen kann, nämlich die Soll-Angaben.

Das hessische Landesarbeitsgericht hat jedoch mit Urteil vom 25. Juni 2021 zum Aktenzeichen 14 Sa 1225/20 entschieden, dass eine Massenentlassung unwirksam sei, wenn nicht auch die Soll-Angaben in der Anzeige enthalten sind. Zur Begründung führt das LAG aus, dass die Massenentlassungsanzeige nach Artikel 3 Abs. 4 Satz 1 der Europäischen Massenentlassungsrichtlinie (eMERL) alle zweckdienlichen Angaben enthalten muss, die dem Arbeitgeber zur Verfügung stehen. Dabei sei kein Unterschied zwischen Soll- und Muss-Angaben zu machen. Der Gesetzgeber hat beide Kategorien von Informationen offensichtlich für zweckdienlich erachtet. Der Unterschied zwischen den Formulierungen „müssen“ und „sollen“ sei lediglich dem Umstand geschuldet, dass der Arbeitgeber stets über alle Muss-Angaben verfügt, während die Soll-Angaben nicht aus seiner Sphäre stammen und daher nur insoweit anzugeben sind, wie sie dem Arbeitgeber vorliegen. Damit hielt das hessische LAG die dem Rechtsstreit zu Grunde liegende Massenentlassungsanzeige für unwirksam, da die Soll-Angaben nicht enthalten waren. Folge dessen war die Unwirksamkeit der ausgesprochenen Kündigungen.

Die Entscheidung des hessischen LAG ist nicht rechtskräftig, es bleibt abzuwarten, ob ein Revisionsverfahren eingeleitet wird. Es ist aber aufgrund der Rechtsunsicherheit zu empfehlen, neben den Muss-Angaben auch die Soll-Angaben zu machen, um nicht eine Unwirksamkeit der Massenentlassungsanzeige und infolge dessen eine Unwirksamkeit der Kündigungen zu riskieren.

Im nächsten Jahr geht es uns besser? Das war früher!

Auszug aus Business & People 01.10.2021

 

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Als äußerst erfolgreich wertet Thomas Falk, Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbandes Stade Elbe-Weser-Dreieck e.V., die Impfkampagne in den Unternehmen. „Das ist gut angenommen worden. Wir haben darunter Betriebe mit einer Impfquote von 90 Prozent“, berichtet er, blickt aber dennoch mit Sorge auf das Pandemiegeschehen: „Die große Frage ist ja, was nach Delta kommen wird.“ Für den AGV ergeben sich daraus diverse Aspekte und Folgerungen. Falk: „Wir müssen uns darauf einstellen, dass ungeimpfte Personen künftig in bestimmten Situationen weniger Rechte haben werden.“ Einen Vorgeschmack gebe es in der Gastronomie: „Der Gastwirt hat das Hausrecht. Wenn er nur geimpfte Gäste einlässt, ist das okay.“ In Niedersachsen werde aktuell vom starren Blick auf Inzidenzwerte abgewichen. „Wir müssen nun schauen, wie sich die Pandemie in einer erst teilweise geimpften Bevölkerung entwickelt. Es gilt, die Impfquote deutlich zu erhöhen“, so Falk.

 

     Explodierende Rohstoffpreise

 

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Corona ist allerdings nur ein Punkt, der den AGV beschäftigt. Falk: „Wir haben es mit einem Umbruch in mehreren Bereichen zu tun. Dazu zählen gewiss auch der Klimawandel, das Thema Nachhaltigkeit, die Energiekostenentwicklung, der Trend zum Homeoffice, auch wenn es hier derzeit auch eine gewisse Rückwärtsbewegung gibt, und das Reisen. Klar ist: Es wird sich einiges in unserem gewohnten Dasein ändern müssen. Wir leben nicht mehr in den 50er- und 60er-Jahren, als wir wussten: Im nächsten Jahr geht es uns besser.“ In gewisser Weise konnte man diese Haltung auch in den vergangenen 20 Jahren beobachten. Zwar gab es 2008/2009 einen kurzen Knick durch die weltweite Finanzkrise, aber namhafte Unternehmer haben auch in B&P rückblickend bilanziert: „Es gab eigentlich immer nur eine Richtung – nach oben.“ Dieses günstige Wirtschafts- und Wachstumsklima steht jetzt offenbar zur Disposition. Dazu Thomas Falk: „Wir haben momentan die schwierige Kombination aus Preissteigerung auf der einen Seite und Materialmangel auf der anderen. Die Rohstoffpreise explodieren in manchen Bereichen. Die Preise für Bauholz sind schon wieder gesunken, auch früher schon gab es temporäreinen Mangel an Baumaterialien wie beispielsweise Sand.“ Damit nicht genug: „Kostensteigerungen im Energiebereich treffen jeden. Heizkosten steigen, Stromkosten ziehen an, Treibstoff ist auf hohem Niveau – dabei sind das ja auch politisch motivierte Entwicklungen wie die CO2-Steuer, die dazu führen soll, dass gespart, modernisiert und am Ende weniger CO2 emittiert wird.“ Und den nächsten kritischen Punkt fügt Thomas Falk gleich an: „Durch Corona sind die Lieferketten durcheinandergeraten. In der Folge sinken die Transportkapazitäten, was zu steigenden Frachtraten führt. Wenn ein Container aus China damals 1500 Dollar Fracht kostete, können es jetzt auch schon mal 15 000 Dollar sein. Das rechnet sich vielfach nicht mehr. Ich gehe allerdings davon aus, dass sich zumindest dieses Problem wieder einrenken wird. Das ist zumindest meine Prognose.“ Gleichzeitig bietet die Entwicklung von einer Reduzierung des CO2-Ausstoßes bis hin zu der vollständigen Klimaneutralität enorme Chancen gerade für unsere innovative mittelständische Wirtschaft. wb

 

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Jahreshauptversammlung des Arbeitgeberverbandes Stade Elbe-Weser-Dreieck e. V.

„Die Betriebe tragen eine Hauptlast bei der Bewältigung der Corona-Krise“, stellte Dr. Michael Schröder als Vorsitzender des Arbeitgeberverbandes bei der Mitgliederversammlung im Oste-Hotel, Bremervörde, fest. Wie der Geschäftsführer der D. Schröder KG hervorhob, seien den Arbeitgebern allein durch die den Beschäftigten anzubietenden CoronaDr Michael Schrder-Tests Aufwendungen in Milliardenhöhe entstanden, die zusätzlich zu den Belastungen durch den Lockdown zu verkraften gewesen seien. Dr. Schröder verwies auf das Engagement der Arbeitgeber bei der Schutzimpfung durch Betriebsärzte, die maßgeblich zur Steigerung der Impfquote beigetragen habe. Bei den verschiedenen staatlichen Hilfen zur Überwindung der Krise sah Dr. Schröder vielfältige bürokratische Hindernisse bei der Antragsstellung. „Dies hätte besser gelöst werden können“, stellte er fest. Zum Abschluss seiner Eröffnungsrede äußerte der Verbandsvorsitzende die Erwartung, durch eine zunehmende Impfquote werde die Pandemie überwunden werden können, und den Betrieben, die momentan mit Preissteigerungen und Lieferschwierigkeiten mehr als genug belastet seien, die Rückkehr in gewohnte Arbeitsabläufe ermöglicht. Im Anschluss gab Hauptgeschäftsführer Thomas Falk einen Überblick über die Aktivitäten des Verbandes im abgelaufenen Kalenderjahr. Neben der Beratung und Vertretung der Mitgliedsunternehmen in arbeits- und sozialrechtlichen Fragen habe wiederum die Fortbildung für Unternehmer, Personalabteilungen, aber auch der Auszubildenden der Mitgliedsunternehmen im Vordergrund gestanden. Bei der Thematik der Seminare, die coronabedingt ganz überwiegend in digitaler Form durchgeführt wurden, sei auf aktuelle Entwicklungen in Gesetzgebung und Rechtsprechung wie Arbeitszeitrecht, medizinische und arbeitsrechtliche Aspekte von COVID-19 und Kurzarbeit eingegangen worden. Einen Schwerpunkt der Servicetätigkeit des Verbandes habe die Information der Mitgliedsunternehmen über die jeweils neuesten Bestimmungen der Corona-Verordnungen, die finanziellen Hilfen für Betriebe und geändertes Arbeitsschutzrecht gebildet. Über 90 Rundschreiben habe der Verband, so Falk, im vergangenen Jahr hierzu versandt. Der AGV-Hauptgeschäftsführer mahnte Entlastung der Betriebe durch Abbau von Bürokratisierung an und warnte vor weiteren Belastungen durch kostenauslösende Maßnahmen im Gesundheitsbereich. Abschließend äußerte sich auch Falk optimistisch über eine bevorstehende Bewältigung der Pandemie.

 

Großes Gipfeltreffen der Kandidaten

Auszug aus "Stader Tageblatt" vom 22. September 2021

 

Großes Gipfeltreffen

 

LANDKREIS. In der Kombination dürfte es ein einmaliges Aufeinandertreffen gewesen sein. In der Niedersachsenschänke in Fredenbeck diskutierten Bundestagskandidaten aus beiden „Stader Wahlkreisen“ miteinander und stellten sich den Fragen des Publikums.

Eingeladen hatte der Stader Mittelstand die Kandidaten aus den Wahlkreisen Stade I / Rotenburg II und Cuxhaven / Stade II. Die Veranstaltung hat seit 20 Jahren Tradition. Genauso Tradition hat es, dass der Mittelstand sich auf vier Parteien beschränkt: Linke und AfD sind zwar auch im Bundestag vertreten, werden aber nicht eingeladen. Eine Frau hat übrigens keine der vier vertretenen Parteien – CDU, SPD, FDP und Grüne – als Direktkandidatin aufgestellt.

Klaus-Hinrich Breuer, Geschäftsführer des Landvolks und noch zehn Tage vom Ruhestand entfernt, moderierte die Diskussion. Die Fragen kamen von den Mitgliedern der mittelständischen Verbände des Landkreises Stade. Dazu gehören der Arbeitgeberverband Stade Elbe-Weser-Dreieck, der Gesamtverband Verkehrsgewerbe Niedersachsen, der Dehoga-Bezirksverband Stade, die Kreishandwerkerschaft Stade, das niedersächsische Landvolk, der Kreisbauernverband Stade, der Handelsverband Nordwest, der Landfrauen-Verein und Unternehmerfrauen im Handwerk.

Diese Themen wurden diskutiert

Die Themen Autobahnbau, Landwirtschaft, die Pflege und der Mangel an Fachkräften, die Stärkung der Gastronomie und die Größe des Bundestags wurden von den sieben erschienenen Kandidaten zweieinhalb Stunden lang diskutiert. Inhaltlich gab es dabei keine großen Überraschungen, aber das Auftreten der Kandidaten war interessant. Das fiel schon beim Vergleich der beiden Amtsinhaber auf. Oliver Grundmann, der für die CDU zweimal den Wahlkreis Stade / Rotenburg gewonnen hat, gab die Abteilung Attacke und warnte mehrmals vor den Folgen einer rot-rot-grünen Regierung in Berlin. „Wenn Rot-Rot-Grün kommt, ist die A 20 tot“, lautete einer von Grundmanns Sätzen. Er kennzeichnete auch die Aussetzung der Wehrpflicht und des Ersatzdienstes als schweren Fehler. „Am Spind, im Feld und im Altenheim Zusammenhalt lernen“, so Grundmanns Argumentation.

Sein CDU-Kollege Enak Ferlemann aus Cuxhaven, als Staatssekretär im Verkehrsministerium derzeit wohl der einflussreichste Politiker aus der Region, agierte da eher fachlich und zurückhaltend. Das Muster durchbrach Ferlemann, als es um das zähe Planungsrecht für große Infrastrukturprojekte und die Bedeutung der Europäischen Union ging. Ferlemann stellte klar, dass Änderungen am Planungsrecht nur auf der europäischen Ebene möglich seien. Auf die Frage, ob dann der Austritt der Briten aus der EU der richtige Schritt gewesen sei, wurde Ferlemann grundsätzlich. „Unsere Art zu leben ist das Beste“, sagte er. Konkurrenz seien nicht die anderen europäischen Länder, sondern Asien. Nur gemeinsam könne Europa seine noch vorhandene wirtschaftliche Stärke bewahren. „Außenpolitisch sind wir bereits ein Zwerg.“

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Moderator Klaus-Hinrich Breuer

Bei den beiden SPD-Kandidaten, laut allen Umfragen die Einzigen, die am kommenden Sonntag eine Chance gegen die beiden Amtsinhaber haben, konnte der Stader Kai Koeser durch gute Sachkenntnis und eine abwechslungsreiche berufliche Laufbahn punkten. In einer Veranstaltung mit sechs anderen Kandidaten ist er allerdings nicht der Lautsprecher. „Der Bau der A 20 ist wichtig. In Schleswig-Holstein zeigt sich, dass dies auch mit grüner Beteiligung an einer Regierung möglich ist“, widersprach Koeser Grundmanns Befürchtungen zum Thema Autobahn.

SPD-Mann Daniel Schneider aus Cuxhaven hat laut den letzten Umfragen die Chance, Enak Ferlemann seinen Wahlkreis abzunehmen. Er sprach sich etwas zurückhaltender für die A 20 aus. Aus seiner Sicht sind Datenautobahnen mindestens genauso wichtige „Lebensadern“ wie Autobahnen und müssten dringend ausgebaut werden.

Der FDP-Mann Steven Hermeling präsentierte sich unter anderem als engagierter Vertreter der regionalen Landwirtschaft und zeigte sich als Gegner von Steuererhöhungen nach der Wahl. „Das ist kontraproduktiv“, sagte er. Bei der Frage nach Steuererhöhungen formulierte Oliver Grundmann seine Ablehnung am deutlichsten: „Mit CDU und CSU gibt es keine Steuererhöhungen.“

Die Grünen-Bundestagsabgeordneten zeigten sich inhaltlich einig, aber verschieden im Auftreten. Während Stefan Wenzel als früherer Umweltminister Niedersachsens sich zu konkreten Fragestellungen wie der Elbvertiefung positionierte, wählte Claas Goldenstein meist einen theoretischen Ansatz, und Teile seiner Ausführungen hätten auch gut in den Hörsaal einer Universität gepasst. Sein Hinweis, dass die „Schadschöpfung“ im Gegensatz zur Wertschöpfung von Handeln mitberechnet werden müsste, ist dabei sicher nicht falsch. Eines seiner Beispiele dafür: „Es wird nicht berechnet, welche Folgekosten entstehen, wenn der Staat ein Kind in Armut leben lässt.“

Rechtsfrage aktuell: Beweiswert einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erschüttert

Von Rechtsanwalt Thomas Falkthomas falk

Muss der Arbeitgeber immer Entgeltfortzahlung leisten, wenn der Arbeitnehmer eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorlegt?

Antwort:

Die Begleitumstände sind zu berücksichtigen hat das Bundesarbeitsgericht am 8. September 2021 zum Aktenzeichen 5 AZR 149/21 entschieden. Der Beweiswert der ärztlichen Bescheinigung ist insbesondere dann erschüttert, wenn die bescheinigte Arbeitsunfähigkeit passgenau die Dauer der Kündigungsfrist umfasst. Im entschiedenen Fall legte die Klägerin bereits für den Tag, an dem sie die Eigenkündigung des Arbeitsverhältnisses ausgesprochen hatte, eine Erstbescheinigung vor, die eine Arbeitsunfähigkeit bis zur Dauer der dort 14tägigen Kündigungsfrist bescheinigte. Über dies hatte die Klägerin einer Kollegin erzählt, sie werde nicht mehr wiederkommen. Unter diesen Voraussetzungen sei der Beweiswert einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erschüttert, entschieden die Bundesarbeitsrichter. Die Klägerin hätte damit konkret vortragen und ggf. beweisen müssen, tatsächlich arbeitsunfähig gewesen zu sein. Den diesbezüglichen Vortrag, die Klägerin habe vor einem Burn-Out gestanden, ließen die Richter nicht ausreichen, so dass die Klage abgewiesen wurde.

Adresse

Arbeitgeberverband Stade Elbe‑Weser‑Dreieck e. V.
Poststraße 1
21682 Stade
Tel.: 04141 4101-0
Fax: 04141 4101-20
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